Arten & Qualitäten von Mezcal, Tequila, Raicilla, Bacanora, Sotol
Hier geht es zwar überwiegend um Mezcal und Tequila, da wir hauptsächliche diese im SHOP anbieten. Aber neben Raicilla, Bacanora und Sotol finden auch noch traditionelle Kategorien Erwähnung. Der Vollständigkeit halber muss gesagt werden, dass auch in anderen Ländern Agavenschnaps gebrannt wird, beispielsweise in Venezuela, Südafrika, Indien oder den USA.
Mezcal nach NOM-070-SCFI-2016
Diese Norm wird hauptsächlich vom Consejo Regulador del Mezcal (CRM) umgesetzt. Mezcal muss immer aus 100% Agave und kann aus verschiedenen Arten gebrannt werden, im Gegensatz zu Tequila. Die Norm unterscheidet drei Kategorien (categorías), abhängig von der Verarbeitungsart.
- Mezcal: Keine Einschränkungen bei der Herstellung, kann also industriell produziert sein.
- Mezcal Artesanal: Kochen in Erdgruben oder Mauerwerksöfen, Häcksler zur Zerkleinerung sind neben traditionellen Methoden zugelassen. Destillation in Kupfer- oder Keramik-Pot-Stills.
- Mezcal Ancestral: Kochen ausschließlich in Erdgruben, Zerkleinerung händisch oder mit tahona, Destillation ausschließlich in Keramik.
Diese Kategorien können mit sechs Klassen kombiniert werden:
- Blanco oder Joven: Ungelagert und nicht weiterverarbeitet
- Madurado en Vidrio: Mindestens 12 Monate in Glas gelagert
- Reposado: 2 bis 12 Monate in Holz, ohne weitere Definition hierzu.
- Añejo: Mehr als 12 Monate in Holz ohne Vorgaben, lediglich weniger als 1000 Litern Fassungsvermögen.
- Abocado con: Weiterverarbeitet mit Zutaten, z.B. Infusionen wie Pflanzen oder Agavenwurm.
- Destilado con: Mit Zutaten destilliert, bespielsweise Früchte und Geflügel, um Pechuga (siehe unten) zu produzieren.
Kategorie und Klasse müssen auf dem Etikette ausgewiesen sein. Alle weiteren Angaben sind auf der nächsten Seite unter ETIKETTIERUNG erklärt.
Fasslagerung ist bei Mezcal möglich, aber nicht althergebracht, stattdessen wird er traditionell in Glasballons (damajuanas) oder Tontöpfen (cántaros) gelagert. Diese werden oft vergraben, was sowohl ein Erbe der Mezcalprohibition ist, als auch die zerbrechlichen Gefäße schützt. Beim porösen Ton findet ein Austausch zwischen Inhalt und Umgebung statt und das Destillat nimmt mineralische Noten an. Glasballons werden von manchen Produzenten gelegentlich geöffnet und etwas belüftet, um eine kontrollierte Oxidation zu erzeugen. Diese sorgt für einen runderen Geschmack. Ebenfalls traditionell sind weiterverarbeitete Brände, wie Pechuga oder Infusionen, die nicht zuletzt aus der traditionellen Medizin herrühren.
Traditionelle Kategorien
Trotz Modifizierung der Norm im Jahr 2016 ist eine formale Erfassung der Brennkultur bei Mezcal im Rahmen einer DO kaum möglich. War die Regulierung bis dahin eine Kopie der Tequilanorm – abgesehen von Region und Rohmaterial- ist sie zwar nun differenzierter und besser an die Realität angepasst, aber immer noch weit davon entfernt, alle Aspekte zu erfassen, was immer noch zu viel Kritik an der staatlich verordneten Regulierung führt.
Die Gruppe „Mezcales tradicionales de los Pueplos de México“ hat einige Kriterien für traditionellen Mezcal zusammengetragen:
- Verzicht auf jede Form chemischer Zusatzstoffe während der Herstellung und Abfüllung.
- Volle Akzeptanz der lokalen kulturellen und technologischen Prozesse und des „historischen Geschmacks“ (gusto histórico), welche am Ort der Herstellung im Laufe der Geschichte entwickelt wurden.
- Destillation in diskontinuierlichen Brennverfahren in Apparaten aus Keramik, Kupfer, Agave, Schilf, Holz, Stein und anderen Stoffen.
- Alkoholgehalt von mindestens 45 Volumenprozenten und im Einklang mit den lokalen Gepflogenheiten, die der Tradition am Ort entspringen.
- Prozesse und Produkte unterliegen der sozialen Kontrolle der Bevölkerung vor Ort und deren Fachleute (maestros mezcaleros).
- Akzeptanz des Produktes als integraler Bestandteil der örtlichen Kultur wie Feste oder als Zutat für Speisen, das heißt das Produkt soll auch vor Ort konsumiert werden.
- Mezcal sollte immer als Joven konsumiert werden, niemals als gelagertes Produkt aus Fässern.
- Zur Qualitätsprüfung sollen ausschließlich traditionelle Verfahren – wie unter HERSTELLUNG beschrieben – herangezogen werden, also Blasenbildung durch Falltest und Geruchs- und Konsistenzprüfung durch Einreiben. Weiterhin alle vor Ort üblichen Prüfverfahren durch die Hersteller.
Dieser Ansatz trifft nicht nur die Realität weit besser als die Norm, er setzt auch bei einem höheren Anspruch für das Produkt an. Es gibt natürlich noch andere Gruppen und Personen, die Regulierungen fordern, bei denen die Wahrung von Traditionen und althergebrachter Techniken im Mittelpunkt stehen, z.B. mittels einer Norm, die regionale Unterschiede bei der Produktion abbildet. Als Vorbild dienen hier oftmals die DOs für europäische Weine.
Trotzdem bedeutet – speziell für den ausländischen Konsumenten – die Laborprüfung durch das CRM ein Maß an Produktsicherheit, die zuvor nicht existierte. Kurz gesagt: Ein CRM-geprüfter Mezcal macht definitiv nicht blind, muss aber deswegen noch lange kein Spitzenprodukt sein.
Mezcal de Pechuga
Eine Sonderform ist Mezcal de Pechuga (dt.: Brust), wobei Mezcal ein drittes Mal destilliert wird und dazu verschiedene Früchte, Gewürze (Rosinen, Zimt, Ananas, Banane, Apfel u.a.) und manchmal auch Zucker in die Brennblase gegeben werden und in den Helm eine rohe Hühnerbrust gehängt wird, um welche die Dämpfe vor der Kondensation streichen. Das Fleisch nimmt dem Destillat die starken Noten aus den zugegebenen Gewürzen und Früchten, ohne jedoch selbst mit diesen in Berührung zu kommen. Manchmal werden die Zutaten auch schon beim zweiten Brennvorgang zugegeben. Jeder Hersteller hat hier eine eigene Rezeptur, und es sind zunehmend auch Produkte ohne Fleisch zu finden.
Bei DON MATEO DE LA SIERRA aus Michoacan wird Fleisch von Rind, Hirsch und Leguan für den PECHUGA benutzt. Dieses wird mit weiteren Zutaten fein gehackt und die Mischung in einem Baumwollbeutel in den Brennapparat gehängt.
Mezcal de Gusano
Das wohl bekannteste Mezcalprodukt ist Mezcal de Gusano ("Mezcal mit Wurm"). Er enthält eine oder mehrere Schmetterlingsraupen von Hypopta agavis (gusano rojo, chinicuil, belatobe).
Der Ursprung dieses Produktes ist nicht zweifelsfrei geklärt, einschlägige Quellen behaupten, es handele sich um einen Marketingtrick der Gründer der Marke Gusano Rojo aus den 50er Jahren. In Europa nimmt man gemeinhin an, der „Wurm“ zeige einen ausreichenden Alkoholgehalt an, da er in der Flüssigkeit konserviert wird. In Japan glauben Mezcaltrinker an die potenzfördernde Wirkung der Larve, weshalb für den dortigen Markt Produkte mit mehreren Insekten hergestellt werden.
Sicher ist, dass verschiedene Insekten, darunter auch diese Larven, zur traditionellen regionalen Küche gehören und dass sie dem Mezcal einen eigenen Geschmack verleihen. Ein Mezcal de Gusano ist aber in der Regel mittelklassig und das Insekt soll unerwünschte Geschmacksnoten überdecken. Gute Mezcals haben niemals einen „Wurm“.
Puntas
Damit wird in der Regel der Vorlauf der Destillation bezeichnet, aber auch die hoch alkoholische Fraktion des Hauptlaufes und ist eine traditionelle Spezialität in der Mezcalbrennerei. Offiziell marktfähig sind Puntas in Mexiko nicht, da sie die gesetzliche Höchstgrenze von 55% Alkohol überschreiten. Puntas trinkt oder kauft man in der Brennerei selbst.
Tequila nach NOM-006-SCFI-2012
Diese Norm wird vom Consejo Regulador del Tequila (CRT) umgesetzt. Es existieren die beiden Kategorien Tequila und Tequila 100% Agave. Ersterer ist umgangssprachlich auch als Mixto bekannt und kann mit bis 49% Fremdzucker produziert werden, der nicht aus Agaven stammt. Früher waren dies Molassen, heute ist es in der Regel Maissirup. Wenn das Etikett nicht ausdrücklich „100% Agave“ oder „Puro de Agave“ ausweist, handelt es sich um einen Mixto und ist billige Massenware. Während die 100%er in Mexiko abgefüllt werden müssen, kann Mixto in Großtanks exportiert und im Bestimmungsland auf Trinkstärke reduziert und abgefüllt werden.
Tequila wird aus Agave tequilana Weber gebrannt. Die fassgelagerten Qualitäten dürfen bis zu 1% Volumen folgender Zusätze zur Manipulation von Farbe und/oder Geschmack haben:
- Karamell
- Glyzerin
- Zuckersirup
- Eichenextrakt
In beiden Kategorien gibt es die gleichen Altersstufen:
- Blanco: Ungelagert bis maximal zwei Monate in Eichenfässern.
- Joven oder Oro: Mischung aus Blanco mit Reposado und/oder Añejo-Tequila
- Reposado: Lagerung zwischen zwei bis zwölf Monaten in Eichenholz
- Añejo: Lagerung für mindestens zwölf Monate in Eichenfässern mit einem maximal 600 Litern Kapazität.
- Extra Añejo: Lagerung für mindestens drei Jahre in Eichenfässern mit einem maximal 600 Litern Kapazität.
Bacanora nach NOM-168-SCFI-2004
Bacanora wird exklusiv aus A. angustifolia Haw gebrannt. Die traditionelle Herstellung ist vergleichbar mit der von Mezcal. Es gibt folgende Kategorien:
- Blanco: Ungelagert bis maximal zwei Monate in Eichenfässern.
- Joven oder Oro: Mischung aus Blanco mit Reposado und/oder Añejo-Tequila
- Reposado: Lagerung zwischen zwei bis zwölf Monaten in Eichenholz
- Añejo: Lagerung für mindestens zwölf Monate in Eichenfässern mit einem maximal 200 Litern Kapazität.
Raicilla, eine Norm wird derzeit vorbereitet (Stand 5/2020)
Die DO Raicilla wird vom Consejo Mexicano Promotor de la Raicilla, A.C vorangetrieben. Ziel ist, eine vollwertige Geschützte Herkunft mit folgenden Charakteristika zu erreichen.
- Raicilla soll aus 100% Agave gebrannt werden.
- Es dürfen Zutaten zur Destillation gegeben werden (bei Mezcal: Destilado con)
- Es dürfen Zutaten eingelegt, also infusioniert werden (bei Mezcal: Abocado con)
- Es werden zwei Produktionsregionen unterschieden: Raicilla de la Costa (Küste) aus A. angustifolia und A. rhodacantha und Raicilla de la Sierra (Berge) aus A. maximiliana Baker, inaequidens Koch y Valenciana. Es sollen allerdings auch andere Arten zugelassen werden.
Traditionelle Raicilla wird in Jalisco hauptsächlich aus Wildagaven gebrannt. Die neue Norm soll sowohl wilde als auch kultivierte Agaven zulassen, A. tequilana Weber ist allerdings ausgenommen, da sie in Jalisco bereits für die Tequilaproduktion benutzt wird und diesem eine Art „Exklusivrecht“ zugestanden wird. Ähnlich wie bei Mezcal soll es die Kategorien Raicilla, Raicilla Artesanal y Raicilla Tradición Ancestral geben. Die Definitionen sind im Wesentlichen identisch (siehe oben). Daher rührt auch die Kritik an der Ausarbeitung der DO. Während die Initiatoren –viele Kleinproduzenten- auf Grundlage der Erfahrungen der DO Tequila und Mezcal sehr ehrgeizige Ziele zur Erhaltung der Brennkultur hatten, haben andere Akteure die Verwendung von Autoklaven und kontinuierlicher Destillation im Vorschlag verankert, was faktisch ein Einfallstor für die industrielle Produktion darstellt.
Sotol
Dieses Destillat ist eigentlich nicht aus Agaven, sondern aus der relativ eng verwandten Dasylirion (dt.: Rauschopf, Grasbaum), wird aber ähnlich wie Agavenbrände hergestellt und deshalb mit diesen als eigene Kategorie erwähnt. Sotol wird im Norden Mexikos und historisch auch im Süden der heutigen USA hergestellt. Diese US-Regionen gehörten bis 1884 zu Mexiko.
Sotol kennt Qualitäten aus 100% Dasylirion oder Mixtos mit bis zu 49% Fremdzucker, wie bei Tequila. Bei den Altersstufen gibt es geringfügige Abweichungen:
- Blanco: Ungelagert oder bis zu zwei Monaten gelagert
- Reposado: Zwei bis sechs Monate in Holz ausgebaut
- Añejo: Bis zu 24 Monate in Holz ausgebaut
- Abocado: Weiterverarbeitet mit Infusionen
Im Gegensatz zur Agave wächst Dasylirion nach, wenn sie richtig geerntet werden.
Abschließend kann gesagt werden, dass Mezcal (und Raicilla) am besten nach Agavenart und Maestro Mezcalero unterschieden werden. Also dem Rohmaterial und demjenigen, der es verarbeitet. Diese Informationen sollten auf dem Etikett zu finden sein. Außerdem werden sie traditionell nach ihrem Herkunftsort benannt, beispielsweise
- Solteco, aus Sola de Vega: A. potatorum, Destillation in Keramik
- Matateco, aus Santiago Matatlán: A. angustifolia, Destillation in Kupfer
- Ixcateco, aus Santa Maria Ixcatlán: A. cupreata, Destillation in Keramik, Gärung in Tierhäuten
- Minero: Aus Santa Catarina Minas, aus diversen Wildagaven, Destillation in Keramik
- ….etc
Lokale Konsumenten wissen, welche speziellen Charakteristika mit den jeweiligen Bränden verbunden sind.
Mehr dazu auf der nächsten Seite unter ETIKETTIERUNG UND VERKOSTUNG.